„Das
Hammerklavier unterscheidet sich von einem modernen Klavier in
mehrerlei
Hinsicht.
Unter anderem hat es eine weit weniger komplizierte Mechanik als das moderne Klavier.
Das moderne Klavier wurde im Zuge einer gewandelten Ästhetik entwickelt, um
eine möglichst große Klangwirkung zu erzielen. Dadurch
gingen viele subtile
Ausdrucksmöglichkeiten verloren. Ein Hammerklavier klingt
zwar nicht so laut wie ein
modernes Klavier,
aber dafür hat man als Pianist das Gefühl, dass die Finger die Saiten unmittelbarer
kontrollieren können.
Dies erleichtert einen viel subtileren Umgang,
unter anderem,
mit der Artikulation, als moderne Pianisten
es
im Allgemeinen gewohnt sind.
In Mozarts und Haydns Noten gibt es kaum dynamische Zeichen, wie forte, piano, Crescendo, Diminuendo, dafür wimmelt es von Artikulations-Bögen. Bei Mozarts und Haydns Musik soll man Akzente durch Artikulation und nicht so sehr durch Dynamik ausdrücken. Der Zuhörer erlebt den nächsten Ton als akzentuiert, indem der Finger den vorherigen Ton auslässt.
Viele zeitgenössischen Pianisten vernachlässigen dies aufgrund der
schwerfälligen Mechanik des modernen Klaviers. Wenn die Akzente nur durch
Dynamik gemacht werden, wirken sie aber in dieser Musik sehr grob.
Ein weiterer Unterschied besteht in dem viel kürzeren Ton des Hammerklaviers
gegenüber dem modernen Klavier. Dies erklärt warum die überlieferten
Metronomangaben bei langsamen Sätzen
- etwa von Beethoven
- den modernen Pianisten
zu schnell erscheinen. Der Ton des modernen Klaviers dauert sehr lang und
verführt daher zu langsamen Tempi.
Ferner hält der moderne Klavierbauer es für eine Tugend, wenn alle Register
des Klaviers die gleiche Klangfarbe haben.
Im Hammerklavierbau wollte
man bewusst, dass die verschiedenen Register des Klaviers einen
unterschiedlichen Klangfarbencharakter haben, etwa einem Streichquartett
nachahmend.
Jene, denen die Spielweise auf historischen Instrumenten vertraut ist, können
diese gewonnenen Erkenntnisse beim Spiel auf modernen Klavieren einsetzen."